Die Kirchenruine wird, wie in der Kintsukuroi Reparaturtechnik, wieder ergänzt, um das Gesamtkunstwerk zu zeigen, die Geschichte hervorzuheben und dem Gegenstand wieder einen Nutzen zu geben. Dabei wird die Barfüßerkirche durch ihre ablesbare Geschichte wertvoller.


Kintsukuroi ist eine japanische Technik, die der Wabi-Sabi Ästhetik entspringt. Die Wertschätzung der Fehlerhaftigkeit steht im Zentrum der Anschauung. Kintsukuroi hebt den Makel, den Gebrauch und die Geschichte hervor.

Die neu eingebrachten Elemente zeichnen die Kubatur nach und heben sich dabei vom alten Bestand ab, um die Geschichte des Bauwerks zu erzählen. Der Entwurf stellt die Struktur, den Rhythmus und das Raumgefühl des Gebäudes wieder her. Dies geschieht auf eine schlichte Art. Die Reduktion auf nur ein Material, einem hellen Backstein, interpretiert die Ideen und den Geist Frankziskus‘ auf moderne Weise.
Die Barfüßerkirche in Erfurt ist in Europa eine der bedeutendsten Franziskanerkirchen. Ihre Größe und Ausführung lassen die Bedeutung des Ordens in Erfurt erahnen. Heute ist die Veränderung vom Kloster zur reinen Kirchennutzung ebenso sichtbar, wie die notwendig gewordenen Eingriffe durch einen Kirchenbrand 1291. Auch der Wiederaufbau aufgrund eines Einsturzes 1838 und die Zerstörung von 1944 sind in der erhaltenden Substanz ablesbar – ähnlich wie bei einem Palimpsest. Die einstige Größe und Kubatur des Bauwerkes sollen wieder erlebbar werden, die Zeitschichten und die Einwirkung des Luftminenangriffes von 1944 sollen nicht ungeschehen gemacht werden, sondern ablesbar bleiben.

Bauhaus-Universität Weimar: Barfüßerkirche Erfurt (uni-weimar.de)

Publikation und Ausstellung »Weiterbauen an der Ruine«

ISBN 970-3-00-065043-7