Richtfeuerlinie Blankenese

53° 34‘ Nord | 009° 48‘ Ost

Zweites Mastersemester
Begleitseminar
Preis beim ICOMOS Wettbewerb

De Füürtoorn Blankenese
Zwei zusammengehörene Leuchttürme wurden 1984 im Hamburger Stadtteil Blankenese errichtet, beide zusammen bilden eine Richtfeuerlinie. Im Zuge der mittlerweile beschlossenen Elbvertiefung wird die Fahrrinne zu einer Begegnungsbox erweitert, um das Begegnen zweier Meeresriesen zu ermöglichen (Abb. 01). Dazu muss eine neue Richtfeuerlinie 120 Meter südlich errichtet werden1(Abb. 06). Die beiden bestehenden Feuer haben nach der Elbvertiefung ausgedient.

Richtfeuer
Ein Richtfeuer besteht aus zwei Leuchtfeuern, dem Unter- und Oberfeuer. Wenn beide Feuer in derselben Peilung stehen, befindet sich der Betrachter mittig im Fahrwasser (Abb. 03). Das Blankeneser Oberfeuer wurde 1983 im Baurspark, das Unterfeuer 1984 am Elbufer fertiggestellt, sodass die Richtfeuerlinie am 29. November 1984 in Betrieb genommen werden konnte.2 Die Türme stehen 1.350 Meter voneinander entfernt.2 Sie sind aus Beton gegossen mit einem Turmkopf aus Stahl.

Funktion
Auch im GPS Zeitalter sind Leuchtfeuer nicht ersetzbar. Die jüngste Errichtung zweier Türme zeigt, dass die Technik noch nicht überholt wurde. Die beiden alten nautischen Zeichen haben jedoch ausgedient, da sie nach der Fahrwasseränderung an der falschen Stelle stehen. Die beiden Feuertürme sollen rückgebaut werden, um eine Verwechselung der Feuer auszuschließen.

HPA (Hamburg Port Authority)
Die HPA betreibt den Hamburger Hafen innerhalb der Hamburger Landesgrenze. Wenn ein Schiff die Elbe aus der Nordsee stromaufwärts fährt, befindet es sich zunächst auf der Unterelbe. Diese wird von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes betrieben. Ab der Landesgrenze kurz hinter Wedel beginnt dann das Zuständigkeitsgebiet der HPA. Sie betreibt und überwacht den Hamburger Hafen und die nautischen Verkehrsbauten.

Rückbau
Die HPA will die beiden ausgedienten Türme nach der Fertigstellung der beiden neuen Richtfeuer rückbauen. Sie könnten zu Verwechselungen auf dem Fahrwasser führen. Auch wenn auf Anfrage die Idee des Erhaltens der Richtfeuerlinie bei der HPA auf positive Resonanz trifft, will diese nichts an dem Planfeststellungsbeschluss ändern. Um nicht die ganze Fahrrinnenanpassung, die seit 2002 andauert, in Frage zu stellen, wird der Rückbau befürwortet.1

Dringlicher Antrag
In der Bezirksversammlung Altona wurde 2006 ein dringlicher Antrag der SPD-Fraktion gestellt auf: „Ein echtes Leuchtturm-Projekt an der Elbe“.3 In diesem Antrag heißt es: „Für Hamburg, Altona und Blankenese gibt das die seltene Gelegenheit, in diesem Bereich einen Aussichtsturm einzurichten, indem entweder auf den Rückbau eines der alten Türme verzichtet wird oder eine Aussichtsgalerie in den Neubau des Unterfeuers integriert wird.“3

Nautische Sicherheit
Laut des §6 der Elbe-LV herrscht eine Lotsenpflicht auf der Elbe.4 Jedes Schiff, das bestimmte Maße überschreitet, das die Elbe stromaufwärts befährt, muss einen Lotsen an Bord nehmen. Lotsen sind auf einen Elbabschnitt spezialisiert und assistieren den Kapitänen beim Manövrieren durch die örtlichen Besonderheiten. Die Leuchtfeuer helfen beim Navigieren und müssen sich auch bei schlechter Sicht klar vom Hintergrund abheben, damit es nicht zu Verwechselungen kommt.

Stadtteilgeschichte
Die beiden alten Blankeneser Türme waren anfangs umstritten. Es gab Verzögerungen und gerichtliche Auseinandersetzungen. Letzten Endes wurden sie dann verspätet gebaut. Als charakteristische Markierungspunkt sind sie heute zu einem Teil des Stadtbilds geworden. Nach Ihrer ersten Nutzungsphase als Nautisches Zeichen sind sie mittlerweile als Wahrzeichen Blankeneses stadtbildprägend geworden. Es wäre wünschenswert, sie der Bevölkerung zugänglich zu machen.

Gezeiten-Kunstwerk
Wie das Hamburger Abendblatt am 24. Juni 2016 berichtet, wurden schon Entwürfe eines Architekturbüros zur Umnutzung zu einem Gezeitenkunstwerk ausgearbeitet. Das Unterfeuer würde zu einem Turm mit Pegelmesser und ein durch Gezeiten gesteuertes Kunstwerk verwandelt. Dort könnten Besucher beobachten, ob gerade Hoch- oder Niedrigwasser in der Elbe herrscht.

Elbrichtfeuer der Jahre 1960-90
Die Leuchtfeuer entlang der Elbe aus den 1960er bis 1990er Jahren sind allesamt Türme mit einem schlichten Aufbau: ein geradliniger Turm mit einem aufgesetztem Kopf, in dem sich das eigentliche Leuchtfeuer befindet (Abb. 04; 07). Diese Türme sind aus Stahl, Beton oder glasfaserverstärktem Kunstoff gefertigt. Die Köpfe einer Richtfeuerlinie sind so gestaltet, das Ober- und Unterfeuer meist eindeutig zugeordnet werden können. Alle Türme sind pragmatisch auf ihre Funktion reduziert und ohne gestalterischen Anspruch auf die Funktionalität fokussiert.

Individualität
Keiner der Elbfeuerköpfe aus den betrachteten Jahren gleicht einem anderen Paar.
(Abb. 08; 09). Es gibt also keinen Prototyp Elbleuchtturm der Nachkriegszeit. Diese Türme vereint dennoch eine schlichte geometrische Ausführung. Wiederkehrendes Element sind waagerechte Querbalken oder der sich nach unten verjüngende Kegelstumpf. In keinem der Türme befindet sich ein Fenster oder eine Öffnung, außer der notwendigen Öffnung zur Befeuerung der Elbe.
Alle Leuchtfeuer sind waagerecht gestreift – meist in rot oder schwarz.


Besonderheit des Richtfeuers
Der stählerne, aufgesetzte Turmkopf in Blankenese wirkt detailliert und durchdacht (Abb. 07). Er ist besonders, da er über Schlitze, Fenster und Bullaugen verfügt. Das große Zyklopenauge dient der Beleuchtung. Durch die Bullaugen und Schlitze auf der Unterseite des Kegels sind Öffnungen und Ausblicke auf Hamburg, seinen Hafen und die Elbe möglich. Die Öffnungen im Dach lassen einen hellen Innenraum des Kopfes erahnen. Im Design des Turmkopfes steckt die Idee der Aussicht und in gewisser Weise ein modernes Zitat der alten Gittertürme entlang der Elbe (Abb.10).

Neunutzung
Die beiden Blankeneser Leuchtfeuer wären nicht die einzigen umgenutzten Leuchtfeuer entlang der Elbe. Die Leuchtfeuer Vogelsand, Cuxhaven und Steindeich sind nur drei Beispiele von verkauften und umgenutzten Leuchtfeuern entlang des Flusses. Die beiden Blankeneser Beispiele würden sich durch Umnutzung zur öffentlichen Plattform, als Kunstwerk oder für gastronomische Angebote eignen. Durch eine Umgestaltung fügen sie sich in ihre städtische Umgebung ein.

Umgestaltung
Um die Verwechslungsgefahr zu mindern, wäre es möglich, die Richtfeuer in einer Farbe zu gestalten, die sich im Gegensatz zum waagerecht gestreiften Bild nicht so prägnant vom städtischen Kontext abhebt. Eine einfarbige weiße Farbfassung würde die alten Feuer von den neuen klar unterscheiden und außerdem bei schlechter Sicht unauffällig im Nebel verschwinden. Der Kurs kann also mit Hilfe der Lotsen eindeutig definiert werden.

Bauhaus-Universität Weimar: Großer Erfolg: Zwei Preise beim ICOMOS Studierendenwettbewerb »60 plus« (uni-weimar.de)